Fastenzeit

1. Woher kommt die Fastenzeit?
In vielen Religionen gibt es besondere Zeiten, in denen man bewußter lebt, bestimmte Riten und Vorschriften beachtet. Im Islam z. B.gibt es den Fastenmonat Ramadan. Diese Zeiten dienen auch als innere Vorbereitung auf besondere Feste und Anlässe, wichtige Ereignisse etc.
Für Christen ist die Fastenzeit, die eigentlich "österliche Bußzeit" heisst, der erste Teil des Osterfestkreises und deshalb vor allem die Zeit der Vorbereitung auf das zentrale Fest des christlichen Glaubens: Ostern, die Feier der Auferstehung Jesu Christi.


2. Geht es nur um das Abnehmen?
Es geht nicht nur und nicht in erster Linie ums Abnehmen. Das wäre eine Verkürzung. Der "klassische Dreiklang" der Vorbereitungszeit auf Ostern lautet: Fasten - Beten - Almosen.
Es geht beim "Fasten" um die Bereitschaft, sich zu besinnen, den Lebensstil und die Lebensgewohnheiten zu überprüfen und wenn nötig zu verändern. Das kann bedeuten umkehren und sich neu auszurichten zu müssen, einen inneren und äußeren Verzicht auf sich zu nehmen, versuchen von Abhängigkeiten los zu kommen.
Besonders ist auch gedacht, sich in dieser Zeit den Mitmenschen intensiver zuzuwenden, sich der Mitverantwortung in Gesellschaft und Kirche neu bewußt zu werden und sich für Gott und seine Botschaft neu zu öffnen bzw. sich wieder vertieft damit zu beschäftigen.




3. Warum dauert die Fastenzeit 40 Tage?
Die Zahl 40 hat biblische Bedeutung und steht als Symbolzahl der besonderen Nähe zu Gott und der Bereitschaft zur Buße und Umkehr: Das Volk Israel wanderte 40 Jahre durch die Wüste als Zeit der Läuterung, Mose war Gott 40 Tage nahe auf dem Berg Sinai, der Profet Elija war 40 Tage auf dem Berg Horeb, Jesus weilte 40 Tage in der Wüste um sich durch Gebet und Fasten auf seine Sendung vorzubereiten.
Psychologisch mag es hilfreich sein, dass der Zeitraum von 40 Tagen einerseits noch überschaubar ist und andrerseits doch eine angemessene Zeit zur Erneuerung mit konkreten Schritten darstellt.
Die Zeit von Aschermittwoch bis Gründonnerstag umfasst mehr als 40 Tage, da die Sonntage nicht als Fastentage zählen.


4. Gibt es die Fastenzeit nur in der katholischen Kirche?
Die Fastenzeit ist auch in den anderen christlichen Konfessionen eine wichtige Zeit im Jahr und sie gibt es in verschiedenen Formen und Namen auch in anderen Religionen (siehe Frage 1).
Die katholische Kirche lädt in dieser Zeit ihre Mitglieder ganz ausdrücklich ein, einen persönlichen und gemeinschaftlichen "geistlichen Check" durchzuführen, d.h. sich ehrlich zu prüfen, wo man vor sich, vor den Mitmenschen, vor der Mitwelt und vor Gott schuldig geworden ist und Zeichen der Umkehrbereitschaft zu setzen, auch durch Bußfeiern und das Sakrament der Versöhnung ("Osterbeichte"). Ein wesentlicher Aspekt der Fastenzeit ist ja der biblische Aufruf "Kehrt um und glaubt an das Evangelium" (Mk 1, 15) mit dem Auftrag zur Vergebung und Versöhnung.


5. Was bringt mir die Fastenzeit?
Die Fastenzeit bringt mir das, was ich daraus mache: Sie ist eine Chance, dass ich freier werde, indem ich mich loslöse von Konsumgewohnheiten und Abhängigkeiten wie z. B. Alkohol, Rauchen, von zuviel Zeit vor dem Fernseher oder Computer, von ungesunder Lebensführung, von erkannten Fehlentwicklungen u.a.. Sie hat eine heilende Wirkung, vor allem wenn das Fasten und der Verzicht verbunden sind mit konkreten Formen der Neubesinnung auf meinen Glauben, auf das, was ich eigentlich für mich als wichtig empfinde und vielleicht längst schon anpacken wollte.
Da in der Fastenzeit viele Menschen solche Schritte des Loslösens, des Verzichts und der Erneuerung tun, ist zudem die Chance größer, Gleichgesinnte zu finden und miteinander den Weg der Erneuerung zu gehen. Das macht das eigene Durchhalten dann viel leichter.


6. Wie kann ich fasten?
Indem ich mich zunächst ehrlich frage, was bei mir not tut und ansteht und indem ich dann mit einem konkreten Schritt beginne, möglichst zusammen mit anderen. Lieber an einem wichtigen Punkt anfangen als viele Vorsätze fassen und mit ihnen bald steckenbleiben.
Solch ein Punkt kann sein im Essen und Trinken, im Reden und Denken, im Einschränken meiner Konsumgewohnheiten usw.. Viele lassen den durch diesen Verzicht eingesparten Betrag notleidenden Menschen zukommen, z.B. über die kirchlichen Hilfswerke.
Aber nicht nur durch Verzicht, auch durch aktives Verhalten, beispielsweise mehr Zeit zum Gespräch mit Menschen in der Familie, am Arbeitsplatz, mehr Zeit nehmen für das Gebet, für das Lesen der Hl. Schrift, Gespräch über den Glauben, Teilnahmen an Exerzitien im Alltag, kann ich einen vielleicht notwendigen und heilsamen Akzent in der Fastenzeit setzen. Entscheidend sind dabei nicht Leistung und Erfolg, sondern es geht immer um ein Zeichen des guten Willens und die Bereitschaft zur Veränderung oder zum Neuanfang.


Fasten in anderen Religionen

Die katholische Fastenzeit erinnert an die 40 Tage, die Jesus in der Wüste verbrachte.
Hier erfahren Sie mehr über den freiwilligen Verzicht in anderen Religionen.

Fasten im Judentum: Die jüdischen Gläubigen kennen mehrere Zeiten des Fastens.
Fasten im Islam: Eine der fünf Säulen des Islam ist das Fasten im Ramadan.
Ostasiatische Askese: Im Hinduismus spielt Yoga eine wichtige Rolle.

Fasten im Judentum: Die jüdischen Gläubigen kennen mehrere Zeiten des Fastens.

Der große Fastentag im Judentum ist der Versöhnungstag: Jom Kippur. Die zehn Tage zwischen dem jüdischen Neujahrsfest Rosch ha Schanah (im Herbst) und dem Versöhnungstag sind eine Zeit der intensiven Buße.

Das strenge Fasten am Jom Jippur selbst gründet auf einem biblischen Gebot (4 Mos. 29,7), das für diesen Tag die Demütigung der Seele vorschreibt. Gemäß der Überlieferung steht die »Demütigung der Seele« für die völlige Enthaltsamkeit. Am Jom Kippur wird deshalb nichts gegessen, getrunken oder geraucht. Man wäscht sich nicht, ist sexuell enthaltsam und - geht nicht zur Arbeit.

Ähnlich bedeutsam ist das Fasten im jüdischen Monat Aw, der mit Juli / August zusammenfällt. Am 9. Aw (Tischa b'Aw) gedenken die jüdischen Gläubigen beider Tempelzerstörungen, der römischen Einnahme der Festung Betar und der blutigen Vertreibung aus Spanien 1492.

Neben Jom Kippur und Tischa be-Aw gibt es noch Tage, an denen das Fasten empfohlen wird, aber nicht fest vorgeschrieben ist, beispielsweise der Vorabend des monatlichen Neumonds, der eigene Hochzeitstag oder der Todestag der Eltern.

Fasten im Islam: Eine der fünf Säulen des Islam ist das Fasten im Ramadan.

Der Ramadan ist der neunte Monat im muslimischen Kalender. Weil sich die muslimische Zeitrechnung am Mondkalender und nicht an der Sonne orientiert, verschiebt sich der Fastenmonat mit jedem Jahr. Der Mondmonat hat nur 28 Tage. Im letzten Jahr fiel das Ende des Ramadan in etwa mit dem Weihnachtsfest zusammen. Irgendwann wird er im Sommer sein.

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang darf nichts gegessen oder getrunken werden. Es gibt allerdings Ausnahmeregeln für Kinder, Alte, Kranke, Schwangere, Reisende und Menschen in bestimmten Berufen. Die Gläubigen dürfen nicht rauchen, kein Parfum benutzen oder miteinander schlafen.

Wenn die Sonne untergegangen ist und man einen weißen Faden nicht mehr von einem schwarzen unterscheiden kann, ist das Fasten für diesen Tag vorbei und es wird wieder gegessen - und zwar sehr gut. Zu diesen Festessen laden sich die Muslime gegenseitig ein. Außerdem kümmern sie sich während dieser Zeit besonders um Benachteiligte.

Ziel des Fastens ist es, Geduld zu üben und sich neu auf Allah zu besinnen. Es wird regelmäßiger gebetet, der Koran studiert und man verträgt sich mit denen, mit denen man im Streit liegt.

Ostasiatische Askese: Im Hinduismus spielt Yoga eine wichtige Rolle.

Yoga bedeutet wörtlich: »Anschirrung«. Der menschliche Geist soll lernen, den Körper zu züchtigen und wie ein vollkommenes Gefährt zu beherrschen. Nach der buddhistischen Lehre, die auch im Hinduismus ihren Niederschlag gefunden hat, bedeutet Leben ständiges Leiden.

Die Loslösung von den körperlichen Bedürfnissen - Atmung, Schlaf und Nahrung - gilt als Königsweg. Verbreiteter ist die Askese, also das »harte« Leben. Je mehr der gläubige Hindu sich im Griff hat, desto näher ist er dem Moksha - der Erlösung.


(C) 2011 - Alle Rechte vorbehalten

Diese Seite drucken